Q&A Series 2015: Calgary Flames
2015-05-07Die ruhige Konstante am Thron der Calgary Flames konnte sein Team heuer erneut in die „zweite Saison“ führen. Über die Jahre hinweg führte General Manager Markus Müller zuerst die Washington Capitals und nun die Flames in die oberen Tabellenregionen – doch die Fassade des Scotiabank Saddledome bröckelt, oder doch nicht?
Die sechste Playoff-Teilnahme in Serie wurde in allerletzter Sekunde unter Dach und Fach gebracht. Dabei waren ihre Flames zwischenzeitlich schon außerhalb der Playoff-Ränge. Warum tat man sich in Calgary heuer so schwer? Warum konnte man am Ende die stolze Serie doch fortsetzen?
Die erste Hälfte der Saison lief mehr als gut. Wir spielten mit den Ducks und Oilers um die Divisionsspitze, ein Verpassen der Playoffs schien mehr als unwahrscheinlich. Dann kam der Einbruch in der zweiten Hälfte der Saison. Nichts funktionierte, Special Teams mies, Defensivverhalten unterirdisch. Da weder der Kader noch das Lineup großartig verändert wurde, ist dieser Leistungsabfall für mich erstmal unerklärlich. In der Off-Season werden wir uns aber definitiv damit beschäftigen müssen und dann auch die Konsequenzen aus der desaströsen zweiten Hälfte der Saison ziehen müssen. Das wir schlussendlich doch noch die Playoffs erreicht haben verdanken wir eher der Konkurrenz (Danke an die Sharks für den Sieg gegen die Kings am letzten Spieltag!!!) als unserem eigenen Spiel.
Wie erklärt man sich im Saddledome diese Jekyll & Hyde Saison? Hat ihr Team in der ersten Hälfte „overperformed“ oder in der zweiten Hälfte zu wenig gezeigt? Wie stark schätzen Sie, als langjähriger und erfahrener General Manager, ihr Team ein?
Wie so oft liegt die Wahrheit wohl irgendwo dazwischen. In der ersten Hälfte ein wenig über unserem Leistungsvermögen gespielt, in der zweiten stark unter unseren Möglichkeiten geblieben. Ich würde sagen, dass wir ein wenig besser sind, als es die 89 Punkte aussagen. Allerdings fehlt uns zu den Spitzenteams im Westen auch ein gutes Stück an Qualität und Tiefe. Alles in allem geht der achte Platz im Westen in Ordnung, die Art und Weise wie er zustande kam, bereitet mir allerdings Kopfschmerzen.
Sie sprachen an, dass sie die Konsequenzen aus dem rapiden Leistungsabfall ihrer Spieler ziehen werden. Welche Richtung wird man in Alberta einschlagen?
Ich glaube es wäre übertrieben jetzt alles über den Haufen zu werfen und den Kader komplett umzugestalten. Wir haben zur Deadline Vanek abgegeben und Suter geholt. Das war ein erster Schritt und zeigt auch, dass wir in Zukunft die Abwehr wieder in den Fokus rücken werden. Es ist geplant und damit mehr als wahrscheinlich, dass wir einige Spieler abgeben, um dem Kader ein leicht anderes Gesicht zu geben. Aber diese Änderungen werden eher punktueller Natur sein. Weiterhin wird der Draft und die Entwicklung der Prospects ein Kernpunkt der Strategie bleiben.
Nüchtern betrachtet wäre es aber vermutlich Zeit, um einmal tief Luft zu holen und dem Prospect Pool mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Kann ihr Team mit dem jetzigen Gerüst auch in Zukunft ein Playoff-Kandidat im Westen sein? Man könnte es bezweifeln…
Es wird definitiv nicht leichter. Aber ich stimme Ihnen zu, der momentane Kader plus Prospects führt jetzt bei mir nicht unbedingt zu Überlegungen den Trophäenschrank zu vergrößern. Vor allem wenn man sieht, wie sich die Konkurrenten in der Pacific sich so entwickeln. Die Sharks, Duck und Oilers haben tolle Teams und das wird sich auch mittelfristig nicht ändern. Die Kings haben in dieser Saison unter ihren Möglichkeiten gespielt, die Canucks gehören zu den jungen aufstrebenden Teams der Liga und Arizona hat einen sehr guten Prospectpool plus eine Menge Picks für den kommenden Draft. Vor dem Hintergrund müssen wir schon aufpassen, nicht "geschluckt" zu werden. Was den Draft angeht müssen wir uns quantitativ und qualitativ verbessern. Aber ein starker Konkurrenzkampf ist ja auch Motivator und Triebfeder, der das Beste aus einem herausholen kann. Von daher ist mir auch nicht bange vor der Zukunft der Flames.
Warum kein radikaler Schnitt? Ein Ausverkauf der heißen Ware? Ein grundlegender Neuaufbau rund um ihre tollen Prospects wie Zach Fucale oder Conner Bleackley?
Für die kommende Saison werden zwei Top6 Stürmer, zwei Top4 Verteidiger plus Pekka Rinne im Tor 30 oder älter sein. Ich sehe daher keine Notwendigkeit für einen kompletten Neuaufbau, die Substanz ist okay. Ich schließe nicht aus, dass uns ältere Spieler in der Offseason verlassen werden. Aber prinzipiell werden wir unser Team für die Zukunft um bereits vorhandene Spieler wie Scheifele, Gallagher oder Lindholm aufbauen. Reicht das? sicher nicht, aber es ist ein Anfang. Es fehlt sicherlich der eine oder andere Top Nachwuchsspieler, zumal unser Proospectpool nach momentaner Einschätzung keinen Topline Spieler beinhaltet, aber ein radikaler Neuaufbau ist da auch keine Allheillösung.
Man verlässt sich also darauf, dass man im Draft eine überaus „hohe“ Trefferquote hat? Sie gelten als sehr harter und genauer Arbeiter, gerade was den Draft angeht. Wie weit sind die Calgary Flames in den Vorbereitungen für den Draft? Richtet sich der Fokus auf bestimmte Positionen?
Noch nicht weit genug :) . Unser Draftboard steht noch nicht, aber es sind schon leichte Tendenzen hinsichtlich Positionen und auch Spielern erkennbar. Es richtet sich grundlegend nach Wertigkeit, dem Verhältnis von wahrgenommenem Talent zur Draftposition. Und da wir auf jeder Position talentmäßig zulegen müssen, können wir ganz befreit den vermutlich besten Spieler ziehen.
Sie sprachen vorher die Personalie Pekka Rinne an. Ohne Zweifel über die letzten Jahre ihr Fels in der Brandung, aber gerade heuer schwächelte der finnische Supergoalie. Jetzt könnte der 33-jährige Torhüter erstmals UFA werden – werden Sie das zulassen? Wie steht‘s um die anderen Verträge? Gab‘s diesbezüglich schon Entscheidungen?
Pekka spielt definitiv keine tolle Serie, das weiß er selbst. Aber trotzdem sind wir von ihm überzeugt und er wird definitiv auch im folgenden Jahr das Flames Trikot tragen. Was die RFAs angeht sind wir da schon recht weit, es wird mit allen Pro-RFAs verlängert. Bei den UFAs Hainsey, Cullen und Legwand muss man schauen. Hainsey wird uns definitiv verlassen, da wir im Defensivbereich gut aufgestellt sind und auch den jungen Spielern eine Chance auf Eiszeit und damit Entwicklung nicht verwehren möchten. Auf der Centerposition sieht die Sache ganz anders aus. Es sind dort definitiv ein oder zwei Planstellen frei. Ob diese durch Legwand, Cullen oder vielleicht doch neue Kräfte besetzt werden, müssen die nächsten Wochen zeigen. Interesse unsererseits besteht, aber es muss auch vom finanziellen her stimmen.
Können sich GMs, die nach Goalies Ausschau halten, auf Pekka Rinne am offenen Markt freuen?
Nein, definitiv nicht. Pekka ist unser Franchise Player, da werden sich die Kollegen anderweitig umschauen müssen.
Ein Blick auf die Depth Chart könnte die Center Position als die Achillessehne ihres Teams bezeichnen. Klar – Eric Staal ist eine Hausnummer, Marc Scheifele wird in Zukunft ein Fixpunkt in der Mitte sein, aber fehlt gerade hier die wirklich Top Prospects?
Da muss ich ihnen Recht geben. Es fehlt auf der Center Position die Qualität und Tiefe was Prospects angeht. Es gibt im Nachwuchsbereich sicherlich den einen oder anderen, der NHL-Talent aufweist. Aber ob daraus First Line Spieler erwachsen, ist eher anzuzweifeln. Sicherlich muss ich mir dann auch ankreiden diesbezüglich zu wenig getan zu haben, insbesondere was den Draft angeht. Manchmal lief es am Drafttag aber auch einfach nicht in unserem Sinne, Center standen des Öfteren oben auf dem Wunschzettel. Wir müssen halt jetzt zusehen, dass wir via Draft oder Trade die Lücke mittelfristig schließen.
Trade – ein Wort, das in Calgary sehr unterdurchschnittlich gebraucht wird, aber wenn man in Kanada die Trade-Richtung einschlägt, dann sind es oftmals richtige Blockbuster. War Ryan Suter ein absoluter Wunschspieler und warum trennte man sich schlussendlich von Thomas Vanek? Wie würden Sie diese Trades jetzt, mit etwas Abstand, resümieren?
Ich denke für ein abschließendes Resümee ist es zu früh. Beide Trades muss man auch unabhängig voneinander sehen. Beim Trade von Vanek hatten wir eher das Teamgefüge als seine Produktion auf dem Eis im Blick. Es ist über die Saison offensichtlich geworden, dass das Defensivverhalten des Teams und gerade auch der Stürmer gerade bei 5 gg 5 sehr zu wünschen übrig ließ. Das lässt sich natürlich nicht auf einen Spieler zurückführen, aber gerade in den Top6 schien die Chemie nicht wirklich zu stimmen. alter und Entbehrlichkeit haben dann zum Trade von Vanek geführt. Suter ist ein Wunschspieler, keine Frage. Aber er füllt auch einen "Need" im Team. Dem Team fehlte definitiv ein zweiter Topverteidiger, der in allen Situationen spielen kann. Gerade im PP haben wir diese Saison große Probleme und wir sind überzeugt, dass Suter diese Lücke füllen wird.
Zurück zum „daily business“ - was erwarten Sie sich noch von der Playoff-Serie gegen die San Jose Sharks und deren GM, der vor zwei Jahren den ersten Titel holen konnte?
Wir sind sicherlich krasser Außenseiter, aber dennoch nicht ohne Chance. Ich denke momentan von Spiel zu Spiel. Die Probleme, die uns die während der Saison verfolgt haben, lassen uns auch in den Playoffs leider nicht los. Es muss daher alles zu 100% passen, um eine Chance gegen die Sharks zu haben.
Blicken Sie in ihre Kristallkugel – welchem Team ist ein Durchmarsch heuer am ehestem zuzutrauen? Welche Teams werden in der kommenden Spielzeit, in den kommenden Jahren eine gewichtige Rolle in der NFHL spielen?
Mein Favorit für die Playoffs sind die Sharks. Kommende Saison erwarte ich üblichen Verdächtigen auf den Playoff Plätzen. Ich sehe da kein Team, das den Megasprung macht. Mittelfristig ist es schwer abzuschätzen, wer oben sein wird. Es gibt Teams, die in den letzten Jahren traditionell stark waren, wie z.B. Ducks, Oilers, Sharks, Blackhawks, Islanders, Bruins oder Hurricanes, die diese Saison mal ein Seuchenjahr hatten. Dazu kommen etliche Teams, die gerade im Aufschwung sind oder eine solide Prospect Basis haben. Generell ist die Liga eng zusammen, das macht Prognosen schwer. Aber wenn ich einem Team in den nächsten 2-3 Jahren den Sprung in die NFHL Spitze zutraue, sind es die Canucks.
Abschließend – Sie sind eines DER Urgesteine der Liga. Werfen Sie einen Blick zurück – hat sich die Liga in eine annehmbare, angenehme Richtung entwickelt? Wie würden Sie selbst ihre mehreren Hundert NFHL-Spiele auf dem Thron einer Franchise beschreiben?
Die Liga hat in den letzten Jahren definitiv eine deutlich positive Entwicklung genommen. Ein Vergleich zu den ersten Jahren und der alten Liga (GFHL) verbietet sich meines Erachtens, die Unterschiede sind da zu groß. Wir sind über die Jahre durch die z.B. selbst entwickelten Ratings wesentlich autarker geworden. Der von Caro genial umgesetzte UFA-Markt sucht sicherlich seinesgleichen in den Fantasy Hockey Ligen dieser Welt. Die GM sind über die Jahre kompetenter geworden, das ist eine der erfreulichsten Entwicklungen. Alles in allem ist die Liga wesentlich strukturierter geworden, was Organisation und Ablauf angeht. Ein großes Dankeschön an die Ligaleitung und alle Mitwirkende. Mein "Leben" in dieser Liga ist ein stetiges Auf und Ab. Zwischen hoffen, das ein frisch gedrafteter Prospect in wenigen Jahren bei den Profis spielt und Verzweiflung, wenn man mal wieder das siebte Spiel in den Playoffs vergeigt hat. Frust über Trades, die völlig mies verlaufen und Freude, wenn ein Late Round Draftee wider Erwarten den Sprung zu den Flames schafft. Es ist halt alles dabei und immer was los bzw. was zu tun.