Q&A Series 2015: Columbus Blue Jackets
2015-05-02Die dritte volle Saison von Columbus Blue Jackets General Manager Patrick Kerer ist zu Ende – und das schmeckt dem Management gar nicht. War ALLES auf Playoff-Hockey im „Buckeye State“ ausgerichtet, so niederschmetternd ist die Realität. Columbus versagte auf allen Linien… Ursachenforschung mit dem sympathischen GM aus dem kleinen aber feinen Vorarlberg…
71, 77 & 79 – das war die Punkteausbeute aus den letzten drei Jahren. Während das Team in den Saisonen 15 und 16 vermutlich so gespielt hat, wie man es von ihm erwarten konnte, ging heuer wohl einiges daneben. Wie erklären Sie sich dieses desaströse Abschneiden?
Da haben Sie Recht, es ging wohl einiges in die Hose und wir können uns dieses beschämende Ergebnis leider nicht erklären. Klar, unsere Torhüter hatten sicher nicht die Saison ihres Lebens, es aber an ihnen festzumachen wäre zu einfach, denn schlussendlich hat das ganze Team verloren. Erst seit Dave Cameron unser Team als Headcoach übernommen hat, kamen wir in Fahrt, aber leider war es da schon viel zu spät.
Bezüglich der Trainerposition – Jacques Martin’s Zeit in Columbus war auf knapp drei Jahre begrenzt. Heuer setzte man ihm ein doch besseres Team als jenes aus den Vorjahren auf die Bank – fand er keinen Zugang zum Team? Spielt Dave Cameron, der anscheinend der Coach der Zukunft sein wird, ein anderes System mit den ihm zur Verfügung stehenden Jungs?
Zu Beginn der Saison schien alles in Ordnung zu sein, doch trotz des Erfolges kam es zu kleineren Ungereimtheiten zwischen Jacques und den Spielern. Als wir zweimal in Folge mit 7-6 verloren eskalierte die Situation und Spieler beschwerten sich bei mir über den Trainer und sein unausgeglichenes System. Daraufhin setzten wir uns mit allen Beteiligten zusammen und klärten diese Situation, doch stand Jacques von nun an auf dünnem Eis und leider reagierten wir zu spät mit der Kündigung. Dave hat bislang alles richtig gemacht, er spielt ein ausgeglicheneres System was unseren Jungs anscheinend besser liegt und kann die Spieler mit seinen Ansprachen motivieren.
Warum hat man so spät gehandelt? Gerade in einer Saison, wo man um jeden Preis in die Playoffs einziehen wollte? Lag es daran, dass man einfach zu wenig Härte gegenüber Martin gezeigt hat? Im Grunde könnte man sagen, dass Sie die Saison wegen zu viel Herz weggeschmissen haben.
Wir waren zu soft, haben unserem Coach vertraut und beißen uns jetzt in den Hintern. Wir haben aber definitiv für die Zukunft gelernt, so einen Fehler macht man nur einmal im Leben.
Nun steht man vor den Trümmern einer Saison, die eigentlich in den Playoffs ihre Fortsetzung hätte finden sollen. Viele Millionen wurden in Niklas Kronwall, Henrik Zetterberg und Patrick Sharp investiert, der Erfolg ließ aber auf sich warten. Wird man in Ohio nun alles über den Haufen werfen? Oder wird jetzt in Ruhe analysiert und nur vereinzelt an Rädchen gedreht?
Wir werden uns ohne Stress und Hektik auf die neue Saison vorbereiten, das letzte was wir jetzt noch gebrauchen können wäre ein Theater rund um die Zukunft. In unseren Stürmerreihen haben wir auch nächste Saison Top-Spieler wie Duchene, Zetterberg und Sharp und auch die jungen wilden wie Kucherov und Kevin Hayes werden uns viel Freude bescheren. In der Defensive können wir uns leider noch nicht wirklich vorbereiten, da alles von der Causa Voynov abhängt.
Matt Duchene war mit einer 90pts „campaign“ ein wahrer Lichtblick in der sonst recht triehsten Saison der Jackets. Für den Stürmer wurde damals recht viel auf den Tisch gelegt – sind Sie mit dem Trade immer noch zufrieden?
Wir hatten natürlich Glück, dass nicht wir die Draft Lottery gewonnen haben, denn dann wäre dieser Trade rein vom Value her zum vollen Reinfall geworden. So muss ich sagen, wir sind zufrieden und das sogar sehr. Mit Matt haben wir unseren Captain für viele, viele Jahre in der Mannschaft und das ist uns auch viel wert. Zudem lieferte er heuer wie schon erwähnt eine einzigartige Saison ab.
Sie nannten oben eine sehr interessante Personalie – Slava Voynov. Er war in der Vergangenheit ein guter bis sehr guter Verteidiger – seine Zeit in professionellen Hockey könnte allerdings bald zu Ende sein. Wie plant man diesbezüglich? Die Lücke, welche der talentierte Russe hinterlässt, lässt sich vermutlich recht schwer nachbesetzten, ohne dass man wieder Millionen auf den Markt wirft, oder Picks für soide NHL-Verteidiger tradet.
Sollte seine Zeit in der NFHL zu Ende sein werden wir nicht überreagieren und aus Angst vor einer weiteren Pleite mit Picks um uns werfen. Wir haben vier solide Verteidiger mit Kronwall, Wisniewski, Orpik und Mitchell und werden hier maximal durch Depth und Free Agency unsere Lücken füllen, auch wenn das nicht vollends gelingen wird. Zudem haben wir mit Johns und Bigras zwei vielversprechende Nachwuchshoffnungen am Start die in Zukunft diese Lücke füllen können und werden.
Der wohl größte Schwachpunkt ihres Teams war das Goaltending. 293 Gegentore waren der zweitschlechteste Wert der Liga. War es blauäugig, zu glauben, dass ein Gespann Montoya/Giguere das Team in die Playoffs führen kann? Diesbezüglich muss es schlussendlich auch Veränderungen geben, oder?
Ob wir blauäugig waren? Ja und nein. Beide fingen die Saison recht solide an, doch je länger die Saison ging, umso mehr ließen sie nach. Auf der einen Seite enttäuschend, auf der anderen Seite aber doch verständlich, denn mit zwei Backups, egal wie gut die gespielt haben, kann man nicht weit kommen. Es fehlte die klare Nummer 1 in unserem Team aber auch das gehört für mich zum Lerneffekt, den ich als junger GM noch durchmachen muss. Wir werden unsere Optionen betrachten und dann eine zuverlässige Lösung finden.
Overall – kam der Push ein Jahr zu früh? Hat ihnen vielleicht die Geduld gefehlt, nochmal eine Saison Luft zu holen?
Ohne Frage, ja. Bis ich allerdings zu dieser Ansicht gekommen bin und sie auch akzeptiert habe, hat es gedauert. Enttäuschend, aber das Leben geht weiter. Wir werden diesen Weg durchziehen und auch so Erfolg haben, nur brauchen wir dabei vielleicht einfach ein bisschen mehr Zeit als gedacht.
Nun mal weg von all dem Negativen, was letzte Saison passiert ist. Wie vorher bereits erwähnt, verfügen die Jackets über das eine oder andere Talent im Nachwuchsbereich. Chris Bigras, Jayce Hawryluk oder auch Dillon Heatherington stechen einem da ins Auge. Wie und vor allem, ab wann wird mit der „next generation“ geplant?
Gerade Spieler wie Bigras, Leipsic, oder Johns könnten schon in zwei Jahren zum Team stoßen, Hawryluk vielleicht in drei Jahren. In dieses Quartett setzen wir große Hoffnungen und bislang sind wir vollends zufrieden. Für Spieler wie Heatherington und Mayfield planen wir ein bisschen mehr Zeit ein, die Jungs sollen sich zuerst in aller Ruhe entwickeln bevor sie ins kalte Wasser geworfen werden.
Am Ende MUSS aus 50% der Spieler aber auch was werden, denn in den Drafts 2012 und 2014 haben Sie nur 7 Spieler ihrem Pool hinzufügen können. Dieses Jahr ziehen Sie in Runde 2 und 7 – auch ein Jahr darauf hat Columbus nur drei Draftpicks. Sieht so ein Erhalten des Prospect-Flusses aus?
Ich denke die Frage können auch sie ohne weitere Probleme beantworten....Natürlich nicht. Wir hatten und haben nach wie vor großes Vertrauen in unsere Prospects und das war auch einer der Gründe, warum wir in Rosterspieler investiert haben. Klar schaut es in den folgenden zwei Drafts eher mager aus, aber wir planen nicht mit weiteren Trades unserer Draftpicks. Vor allem 2017 sollte ein Draftjahr sein, indem auch wir wieder einmal 7 Spieler draften, wir sehen es sogar als Notwendigkeit an dies zu tun.
Besteht die Möglichkeit, dass sich die Jackets noch Picks für die kommenden beiden Drafts ertraden?
Das weiß ich jetzt noch nicht. Wir wollen den Kern unseres Teams zusammenhalten, doch es ist gut möglich, dass der ein oder andere Spieler den Verein verlassen muss.
Klingt, als wären die Kaderplanungen für die kommende Saison noch in den Kinderschuhen. Wie ist der jetzige Stand – was MUSS in Ohio definitiv passieren, um ein Debakel wie in der Saison #17 zu vermeiden?
Zum einen muss ich mich als GM weiterentwickeln, geduldiger aber auch härter werden damit solche Situation wie mit Jacques Martin nicht mehr vorkommen. Das alleine wird uns aber nicht genügen und so werden wir uns nach einer klaren #1 im Tor umsehen. Was sonst noch passieren wird kann und will ich jetzt nicht beantworten.
Die großen 3 – Zetterberg, Kronwall und Sharp – stehen noch zwei Jahre bei ihrem Team unter Vertrag. Spätestens dann muss man eine Entscheidung bezüglich der Orientierung treffen. Wird man erneut investieren, oder wird man versuchen, auf Talente „from within“ zu setzen und nur punktuelle Verstärkung vom freien Markt holen?
Auch wenn es noch zu früh ist um solch eine Frage zu 100% korrekt zu beantworten, so tendieren wir zur zweiten Option. Wir wollen in den nächsten zwei Jahren unseren NFHL - Core um ein paar Talente erweitern und dann gegebenenfalls die Lücken mit Spielern vom Free Agent Markt füllen, allerdings nicht mehr in dem Rahmen wie wir es vor einem Jahr gemacht haben.
Nennen Sie ein konkretes Ziel – bis wann wollen Sie mit ihrem Team definitiv Oben mitspielen?
Die Playoffs erwarten wir uns mit diesem Team auch im nächsten Jahr, zu den Besten wollen wir in spätestens 4-5 Jahren gelten, vorausgesetzt es kommt nichts derartiges wie die Situation um Voynov vor oder das sich unsere Talente schwer verletzen.
Die Liga hat in den letzten paar Wochen und Monaten einiges an Veränderung seitens der General Manager erfahren. Zwei neue GMs kamen, ein Team ist weiterhin unbesetzt und ein langjähriger Mitstreiter wird der Liga nach den Playoffs ebenfalls den Rücken kehren. Wie sehen Sie diese personellen Veränderungen? Fühlt man sich als Teil dieses Gesamtkonstrukts wohl?
Mittlerweile fühle ich mich sehr wohl in der Liga. Habe mir zu Anfang leider selber das Leben schwer gemacht mit mehreren unnötigen Aktionen die ich heute komplett anders angehen würde. Die Ligaleitung ist stets bemüht es allen recht zu machen, aber ich denke die wissen selbst was für einen guten Job sie machen. In so einer großen Liga wird es wohl immer Veränderung geben und leider werden uns auch hin und wieder langjährige GMs verlassen was ich persönlich zwar schade finde aber natürlich verstehe. Man darf nie vergessen, dass jeder GM auch noch ein privates Leben führt und das auf keinen Fall zu kurz kommen sollte.